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Raumfahrt - Forschungsrakete von TU Braunschweig schlägt in Wohnhaus ein

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Rakete schlägt im Kinderzimmer ein
Schock für die Anwohner in Leiferde: Mitten in einem Wohngebiet schlägt eine Forschungsrakete ein und bohrt sich durch die Wand eines Kinderzimmers. Verletzt wird niemand. Wie konnte es zu dem Unglück kommen?
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Eltern schimpfen mit dem Nachwuchs ja öfter, weil es im Kinderzimmer so aussieht, als ob es eingeschlagen hat. Dass genau das wirklich passiert, mag sich aber wohl kaum jemand ausmalen.
Doch der Albtraum wird wahr: Auf dem Wickeltisch liegt der Putz, darüber gähnt ein großes Loch in der Wand. Dort schlägt sie ein - die Experimentalrakete der Technischen Universität Braunschweig, ein 1,60 Meter langes und nur acht Kilogramm schweres Leichtbaugeschoss, das zwar 1000 Meter hoch, aber eigentlich nur 800 Meter weit fliegt. „Normalerweise“, sagt die Sprecherin der Hochschule, Elisabeth Hoffmann.
Familie vermutet Militärisches
Doch diesmal ist es anders: Über dem Wohngebiet in Leiferde (Niedersachsen), etwa eineinhalb Kilometer vom Startort der Rakete auf einem Modellflugplatz nahe Hillerse entfernt, geht am Sonntagnachmittag die mit Feststoff angetriebene Forschungsrakete nieder. Sie kracht auf das Dach des Einfamilienhauses, durchbohrt Dach und Balken-Zwischendecke, bohrt sich in die Wand des Kinderzimmers und sprengt einen Sicherungskasten aus der Mauer. Nur zerrissene Kabel sind übriggeblieben.
Glücklicherweise ist die Familie nicht daheim, als die Rakete abstürzt. Bei der Rückkehr trauen die 38 Jahre alte Mutter sowie ihre sechsjährige Tochter und der zweieinhalbjährige Sohn ihren Augen nicht: Die Haustür habe sich nicht öffnen lassen, weil der abgerissene Sicherungskasten im Weg gewesen sei - und niemand habe gewusst, dass es sich bei dem Objekt im Kinderzimmer um eine Rakete gehandelt habe, sagt der Hausbesitzer und Vater der 38-Jährigen, Jakob Schweissguth. Die Familie habe etwas Militärisches vermutet. „Ich hätte nicht gedacht, dass so etwas Gefährliches fliegen darf“, sagt er.
Studenten suchen Ursache
Erst die Polizei vermutet, dass es sich um eine selbst gebaute Rakete handelt, die außer Kontrolle geraten sei. Gegen Mitternacht meldet sich nach Polizeiangaben ein Mitarbeiter der Hochschule: Demnach hat es beim Start der Rakete Schwierigkeiten gegeben.
Für die TU Braunschweig ist der Unfall „gravierend“. Die zuständige Experimentalraumfahrt-Interessengemeinschaft, eine als rechtlich selbstständiger Verein organisierte Arbeitsgruppe der Hochschule, arbeite fieberhaft daran, die Ursache zu finden, erklärt Uni-Sprecherin Hoffmann. Die Stimmung unter den Studenten sei schlecht, sie bedauerten sehr, was da passiert sei. Dennoch ist Hausbesitzer Schweissguth „schwer enttäuscht“, weil sich bisher niemand von der Universität bei der Familie gemeldet habe.
Wer zahlt den Schaden?
Eigentlich sind Raketenexperimente für die Experimentalraumfahrt-Interessengemeinschaft der Hochschule alles andere als neu. Ihr Sprecher, Constantin Dullo, betont: „Wir haben Erfahrung.“ Die Nachwuchsingenieure bauen und testen nach Hoffmanns Angaben seit 15 Jahren „aus Experimentierfreude“ Raketen - erfolgreich. Es sei das erste Mal, dass dabei ein Unfall passiert sei, erklärt die Sprecherin.
Ohnehin müssten die Raketenstarts von der niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr genehmigt werden. Zum Glück - denn dazu gehört auch die Verpflichtung für die Arbeitsgemeinschaft, sich zu versichern. Denn unklar ist bisher die Höhe des Schadens - und auch, wer dafür aufkommen muss.
Quelle: FAZ
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