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Astronomie - Vulkan Loki auf Jupiter-Mond Io von der Erde aus beobachtet

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Large Binocular Telescope zeigt Lavasee auf der Oberfläche des Jupitermonds Io
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Mit den ersten detaillierten Beobachtungen eines Lavasees auf einem Mond des Planeten Jupiter erweist sich das Large Binocular Telescope (LBT) in Arizona als Wegbereiter für die nächste Generation von Riesenteleskopen. Die hier angewandten interferometrischen Bildverarbeitungsmethoden für hohe Detailauflösung hat ein internationales Team entwickelt, zu dem Wissenschaftler aus den Max-Planck-Instituten für Radioastronomie in Bonn und für Astronomie in Heidelberg gehören.
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Interferometrische Aufnahme des Jupitermonds Io mit dem LBT am 24. Dezember 2013 (oben) im Vergleich zu einem Satellitenbild auf der Grundlage von Aufnahmen von Weltraummissionen der NASA wie Voyager 1 und 2 oder Galileo (unten). Der Lavasee des Vulkans Loki ist in Dunkelrot auf dem LBT-Bild zu sehen. Die Kreise markieren die Positionen von weiteren Vulkanen auf Io.
Io, der innerste der vier im Jahr 1610 von Galileo Galilei entdeckten Jupitertrabanten, ist nur wenig größer als der Erdmond, stellt aber das geologisch aktivste Objekt im Sonnensystem dar. Raumsonden entdeckten hunderte von Vulkanen auf seiner Oberfläche, die überwiegend von Schwefel und Schwefeldioxid bedeckt ist.
Der größte dieser Vulkane wurde Loki genannt – nach der nordischen Gottheit, die für Feuer und Chaos steht. Es handelt sich dabei um eine flache vulkanische Vertiefung (Patera), in der die dichtere Lavakruste, die sich auf der Oberfläche eines ausgedehnteren Lavasees bildet, in regelmäßigen Abständen in dem Lavasee versinkt.
Das führt zu einem Anstieg der Wärmestrahlung aus dieser Region, die sich von der Erde aus beobachten lässt. Mit einem Durchmesser von nur 200 Kilometer und in einem Abstand von mindestens 600 Millionen Kilometer von der Erde erschien Loki bis jetzt aber viel zu klein, um Details mithilfe von optischen oder Infrarot-Teleskopen vom Erdboden aus abbilden zu können.
Doch das Large Binocular Telescope (LBT) hat zwei Einzelspiegel von je 8,40 Meter Durchmesser, die in sechs Meter Abstand voneinander auf einer gemeinsamen Montierung angeordnet sind. Das von den beiden Einzelspiegeln aufgefangene Licht kann interferometrisch überlagert werden, woraus eine sehr hohe Bildschärfe resultiert. Es ist dadurch möglich, die theoretische Detailauflösung eines Teleskops von 22,80 Meter Durchmesser zu erhalten.
Das dafür notwendige Instrument trägt den Namen Large Binocular Telescope Interferometer (LBTI). Mit dem LBTI-Instrument ist es einem internationalen Team von Forschern nun erstmals gelungen, den Vulkan Loki von der Erde aus sichtbar zu machen. „Wir überlagern das von den zwei sehr großen Einzelspiegeln empfangene Licht in kohärenter Weise derart, dass die Spiegel zu einem virtuellen Riesenteleskop verbunden werden”, sagt Al Conrad, Wissenschaftler am LBT und Erstautor der Veröffentlichung im Astronomical Journal. „Auf diese Weise wurde es möglich, die unterschiedliche Helligkeit verschiedener Regionen des Kratersees von Loki zu vermessen.“
Für Phil Hinz, den Leiter des LBTI-Projekts am Steward-Observatorium der Universität von Arizona, ist es das Ergebnis von nahezu 15 Jahren Entwicklungsarbeit. „Wir haben das LBTI speziell dafür gebaut, um Bilder mit extrem hoher Auflösung zu erhalten. Es ist schön zu sehen, dass das System derart gut arbeitet.“
LMIRcam lautet die Bezeichnung für eine Kamera im Infrarotbereich von drei bis fünf Mikrometer Wellenlänge. Diese Kamera ist das Resultat der Doktorarbeit von Jarron Leisenring an der Universität von Virginia. Um ein Bild höchster Auflösung zu rekonstruieren, mussten die Astronomen viele LMIRcam-Rohbilder verarbeiten.
„Die aufgenommenen Rohbilder sind von Interferenzmustern überzogen und haben dadurch nur eine begrenzte Bildschärfe”, sagt Gerd Weigelt, emeritierter Direktor am Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn. „Mit modernen interferometrischen Bildrekonstruktionsmethoden, sogenannten Entfaltungsmethoden, ist es uns jedoch möglich, eine wirklich spektakuläre Bildauflösung zu erreichen.“
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LBT-Interferometerbild des Lavasees des Vulkans Loki auf dem Jupitermond Io (orange) in Überlagerung mit einem entsprechenden Bild, aufgenommen von der Raumsonde Voyager 1 (dunkle Schattierung). 
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Während die Forscher schon über die Jahre hinweg ein helles Aufblitzen von Loki sahen, zeigen die Bilder des LBTI erstmals, dass dieses Aufleuchten jeweils gleichzeitig in unterschiedlichen Regionen auftritt. „Das ist ein starker Hinweis darauf, dass es sich bei der abgebildeten hufeisenförmigen Struktur höchstwahrscheinlich um einen aktiven Lavasee mit variablem Aussehen handelt“, sagt Imke de Pater, Professorin an der Universität von Kalifornien in Berkeley.
„Zwei der vulkanischen Io-Strukturen treten an neuen aktiven Plätzen auf“, sagt Katherine de Kleer, eine Doktorandin ebenfalls von der Universität von Kalifornien. Die Strukturen befinden sich in einer Region namens Colchis Regio, wo erst wenige Monate vorher eine enorme Eruption stattgefunden hat und könnten durchaus die Nachwehen dieser Eruption darstellen. Die hohe Genauigkeit des LBTI ermöglicht es, die Restaktivität in dieser Region in verschiedenen Bereichen getrennt darzustellen, bei denen es sich um Lavaflüsse handeln könnte.
Die Untersuchung der sehr dynamischen vulkanischen Aktivität auf Io, welche die Oberfläche ständig verändert, gibt Hinweise auf Aufbau und innere Struktur des Mondes. Durch Ios extrem elliptischen Orbit in geringem Abstand um Jupiter wirken extrem starke Gezeitenkräfte – vergleichbar mit dem Quetschen einer reifen Orange, wobei der Saft durch Risse in der Schale herausgedrückt wird.
Für Christian Veillet, den Direktor des Large Binocular Telescope Observatory, bedeutet diese Untersuchung „einen sehr wichtigen Meilenstein für unser Observatorium“. Das einzigartige binokulare Design des LBT zeige jetzt seine Fähigkeit zur Auflösung von Strukturen, die nur ein Einzelteleskop der 23-Meter-Klasse erreichen könnte.
Quelle: MAX-PLANCK-GESELLSCHAFT, MÜNCHEN
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